Wie groß wir geworden sind
Aus einem bunten Durcheinander wurde ein großes Miteinander: Nach gut eineinhalb Jahren feiert der erste Arena of Change-Jahrgang mit Eltern, Lehrkräften und neuen Freund:innen ein großes Abschlussfest auf dem FC Bayern Campus. Aber was heißt hier Abschluss? In der Arena of Change stoppt der Wandel nie!
Aufregung. Blitzlichtgewitter. Lautes Lachen. Der Stargast läuft über den FC Bayern Campus und verschwindet fast in einer Menschentraube. „Dürfen wir auch ein Foto machen?“, fragt die Mutter des 10-jährigen Anton fast schüchtern. Aber klar! Berni, das FCB-Maskottchen, winkt Anton mit seiner Plüschpranke heran, legt seinen Arm um ihn und – beide Daumen hoch! Ein echter Profi. Aber auch Anton und die anderen Kinder und Jugendlichen fühlen sich auf dem modernen Campus-Gelände zwischen Fußball-Akademie, Sportplätzen und Workshop-Räumen sichtlich wohl. Kein Wunder, eineinhalb Jahre besuchten sie hier einmal pro Woche die Arena of Change, das gemeinsame Bildungsprojekt des FC Bayern und der SOS-Kinderdörfer weltweit.
An einem warmen Sommerabend feiern die Changemaker:innen mit Eltern, Lehrkräften, dem Arena of Change-Team, Campus-Mitarbeiter:innen und Fußball-Prominenz wie Berni oder Allianz Arena-Chef Jürgen Muth den Abschluss des ersten Jahrgangs. Es ist ein Ende. Und ein neuer Beginn.
Wissenschaftliche Experimente, kreative Workshops und jede Menge Sport und Spiel standen seit dem Projektstart im Februar 2021 für die insgesamt 60 Teilnehmer:innen von vier Münchner Schulen auf dem Programm. Zudem sorgen vier Module der Arena of Change für positiven Einfluss: „Change“, „Gesundheit, Gesellschaft und Umwelt“, „Technik, Kreativität und Medien“ und „Growth Mindset“. Denn das Ziel ist, junge Menschen dabei zu fördern, neue Kompetenzen zu entwickeln und über sich selbst hinauszuwachsen. Hat das geklappt?
Raus aus der Komfortzone
„Ich habe so viele neue Ideen, was ich mit meiner Zeit anfangen kann“, sagt etwa die 10-jährige Iuli, die sich vor allem für kreatives Schaffen interessiert. Der 12-jährige Serhat hingegen hat seinen sportlichen Horizont erweitert: „Wenn mich jetzt mal jemand zum Volleyball-Spielen auffordert, bin ich sofort dabei.“ Bei der 10-jährigen Eliz ist es umgekehrt: Sie begeisterte sich vor der Arena of Change vor allem für Sport, entdeckte jedoch während eines Ausflugs ins Deutsche Museum, „wie interessant Robotik sein kann“. Und jeder und jede Teilnehmer:in hat etwas anderes mitgenommen. Durch die kleinen Gruppen von je 15 Kindern und die enge Betreuung durch das Arena of Change-Team um die Pädagoginnen Anna Kronen und Teresa Jehlicka war das möglich. In der Arena of Change entwickelten die Kids den Mut, ihre Komfortzone zu verlassen und dem Unbekannten offen gegenüberzutreten.
Die vielen neuen Erlebnisse, die die Teilnehmer:innen machen durften, finden sich auch in der Abschlusszeitung, die die Kinder und Jugendlichen selbst mit Inhalten gefüllt haben und beim Sommerfest das erste Mal in den Händen halten – Medienkompetenz war schließlich ein weiterer wichtiger Programmpunkt. So findet man an diesem Abend an vielen Tischen, auf dem Rasen des angrenzenden Fußballplatzes und auf den Campus-Bänken kleine Gruppen, die sich lachend über die Zeitungen beugen. Neben Fotocollagen von Experimenten und Ausflügen finden sich darin auch vielsagende Abstimmungsergebnisse der einzelnen Wochentagsgruppen: Wer ist der größte Chaot? Wer klopft die lustigsten Sprüche?
Gemeinsam gewachsen
Das Jahrbuch des ersten Arena of Change-Programms zeigt auch, wie stark die Gemeinschaft unter den Teilnehmer:innen inzwischen ist. Und das ist nicht selbstverständlich. Denn die 9- bis 15-Jährigen kommen aus ganz unterschiedlichen Stadtteilen und von verschiedenen Schulformen. Und die ersten Monate konnten sie aufgrund der pandemischen Lage nur via Videochat kommunizieren, bevor sie sich im Juni 2021 das erste Mal auf dem Campus gegenüberstanden.
„Unsere Erwartungen wurden übertroffen“
Seitdem ist viel passiert, die Kinder und Jugendlichen sind als Gruppe zusammengewachsen. „Unsere Erwartungen wurden mehr als übertroffen“, sagt Projektleiterin Verena Milasta über das rücksichtsvolle Miteinander. „Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass ein Team stärker wird, wenn jedes Mitglied so sein darf, wie es ist.“ Im Hintergrund spielen die Mädchen und Jungen gleichzeitig verbissen und lachend Beachvolleyball und Fußball.
Aber nicht nur als Gruppe sind die Teilnehmer:innen gewachsen, sondern auch persönlich. „Meine Tochter war früher sehr schüchtern, aber in der Arena hat sie gelernt, mehr aus sich herauszukommen“, erzählt die Mutter der 13-jährigen Sarah. Auch die Mutter von Eliz stellt fest, dass ihre Tochter heute selbstbewusster ist. Der Meinung ist auch Eliz selbst. „Früher hatte ich Angst vor dem Versagen“, erinnert sich die Schülerin. „Heute traue ich mich, Dinge einfach auszuprobieren.“
Und wie sieht es bei den Jungs aus? „Ich raste nicht mehr gleich aus, wenn mir etwas nicht passt“, reflektiert der 15-jährige Dzenis. Er sei offener für die Vorschläge von anderen geworden, erzählt der 12-jährige Serhat, während der 14-jährige Granit glaubt, dass er jetzt verantwortungsvoller und respektvoller mit Jüngeren umgehen kann. In einer anonymen Umfrage für das Abschlussbuch, das die Kinder mit ihren Betreuerinnen erstellt haben, wurde Granit unter die hilfsbereitesten Mitglieder gewählt – und genau deshalb ist innerer Wandel von so unschätzbarem Wert: Der Prozess ist nicht auf eine Person beschränkt, sondern wirkt sich auch auf das Umfeld aus – verbreitet sich immer weiter, wie eine Welle, die über das Wasser läuft.
Auf dem Sommerfest war nur wenig Nostalgie und Abschiedsschmerz zu spüren. Zwar werden die Kids nach den Sommerferien nicht mehr jede Woche an den FC Bayern Campus kommen, sie bleiben dem Projekt Arena of Change aber als Alumni verbunden: Die Erfahrungen und die neuen Freund:innen aus der Arena bleiben. „Für uns war immer wichtig, dass wir gemeinsam ein Growth Mindset entwickeln“, sagt Verena Milasta, „das über das konkrete Projekt hinaus wirkt.“ Wenn man mit den Kindern und Jugendlichen spricht, dann bekommt man das Gefühl, dass das gut funktioniert hat.
Für ihre Nachfolger:innen der zweiten Arena of Change-Generation, die ab Herbst auf dem Campus „einziehen“, haben sie auf jeden Fall nützliche Tipps: „Sie sollten keine Angst davor haben, Neues auszuprobieren, und ganz viel Spaß haben“, sagt Iuli. Serhat rät: „Vertragt euch und seid offen für Neues.“ Und Berkan meint: „Ich hoffe, dass sie noch mehr erleben als wir.“