Am besten war: einfach alles!
Eine fünftägige Abschlussreise in das Jugendcamp der SOS-Kinderdörfer im norditalienischen Caldonazzo krönt die erste Runde der Arena of Change. Mit Wasserrutsche in den See, Volleyball, Fußball und offenen Gesprächen am Abend.
Als Anfang August die Kinder und Jugendlichen am FC Bayern Campus in den Bus nach Südtirol stiegen, flossen die Abschiedstränen nicht nur bei den Jüngsten. Auch manchen Eltern fiel die Trennung schwer. „Für viele der Kinder war es die erste Reise allein“, erzählt Teresa Jehlicka, eine der beiden Pädagoginnen der Arena of Change. Mit der Abschlussfahrt endete die fast zweijährige Projektphase der ersten AoC-Gruppe. Das Ziel der 60 Kinder und Jugendlichen: Das SOS Summer Camp in Caldonazzo, ein paradiesischer Ort in den Südtiroler Bergen, in dem sich jedes Jahr Kinder aus SOS-Kinderdörfern in ganz Europa treffen.
Der perfekte Ort für die Arena of Change: Schließlich geht es bei dem Bildungsprojekt des FC Bayern und der SOS-Kinderdörfer weltweit darum, neue Erfahrungen außerhalb der eigenen Bubble zu machen. Aber auch der perfekte Ort, um den Sommer zu genießen.
Vom Camp aus sind es 50 Meter bis zum Ufer, wo man von einem Steg aus ins Wasser springen oder einfach mit der Rutsche hineinsausen kann. „Das Zelten war richtig toll“, erzählt zum Beispiel die 11-jährige Laura. Der 14-jährige Alex genoss ebenfalls das Leben draußen, „den tollen Himmel, weil man die Sterne so schön gesehen hat“. In Caldonazzo war der Alltag ganz weit weg. „Die Kinder waren jeden Tag auch mehrmals baden. Einige haben auf der Reise ihre Wasserscheu überwunden“, berichtet Pädagogin Anna Kronen. „Ein Mädchen hatte große Angst vor dem Wasser. Sie konnte zwar schwimmen, wollte aber nicht ins Tiefe gehen. Ich habe jeden Tag mit ihr geübt, und am letzten Tag ist sie von ganz allein ins Tiefe geschwommen. Das war mein persönliches Highlight.“
Versteckte Kompetenzen kommen ans Licht
Es gab viele unvergessliche Erlebnisse für Betreuer- und Teilnehmer:innen. Zum Beispiel der Zusammenhalt in der Gruppe, der über die letzten zwei Jahre kontinuierlich gewachsen ist. „Es gab ein Mädchen, das bisher kaum Volleyball gespielt hatte“, erinnert sich Verena Milasta, Projektleiterin der Arena of Change, „doch es hat sie gar nicht gestört, dass ihr nicht alles gelang. Im Gegenteil. Sie stand fröhlich auf dem Feld, feuerte ihre Mitspieler:innen an und rief: ‚Ich bin euer Glücksbringer!‘ Alle hatten super viel Geduld und auch das gegnerische Team freute sich mit ihr, wenn sie einen Punkt gemacht hatte.“ Eine Szene, die nur durch echten Teamgeist möglich wird. „Ich fand schön, dass man bei uns nicht alles allein macht, sondern sich gegenseitig unter die Arme greift“, sagt AoC-Teilnehmer Leonardo. „Das ist ein gutes Gefühl.“
Auch die beiden Mitarbeitenden des FC Bayern München, die nach Caldonazzo mitreisten, waren beeindruckt von der tollen Atmosphäre und der Hilfsbereitschaft in der Gruppe. „Mich hat total beeindruckt, dass all die Kinder aus verschiedenen Altersklassen und mit ganz unterschiedlichen Hintergründen so liebevoll miteinander umgegangen sind“, schwärmt Fabienne Huber, Werkstudentin in der Abteilung Frauenfußball. Und Luc Timm, 29, Referent des Vorstands, lobte die „besondere Teamchemie“: „Bei unserem Ausflug nach Trient war es sehr heiß und es gab ein großes Zug-Chaos. Aber die Kinder waren trotz allem fröhlich und sind toll damit umgegangen. Das ist überhaupt nicht selbstverständlich.“ Beide wollen daher in Zukunft daran mitwirken, den kontinuierlichen Austausch zwischen der Arena of Change und dem FCB weiter zu vertiefen.
Im Summer Camp kamen einige versteckte Kompetenzen ans Licht. „Viele Kinder haben neue Stärken an sich entdeckt“, berichtet Teresa. Im ungezwungenen Kontakt zu anderen Kindern im Camp, die aus verschiedenen europäischen SOS-Kinderdörfern angereist waren, schauten die Münchner Kids über den Tellerrand der eigenen Gruppe hinaus. „Es war schön, mit Kindern aus anderen Ländern zu spielen“, meint Laura. Der Kontakt zu einer Gruppe bosnischer Kinder aus dem SOS-Kinderdorf in Sarajevo war besonders auf dem Fußballfeld intensiv. „Ein Junge mit bosnischen Wurzeln aus unserer Gruppe hat sich beim Fußball als Dolmetscher eingebracht“, sagt Teresa, „und hat so plötzlich eine neue Kompetenz an sich wahrgenommen.“
Geborgen sein und über den Tellerrand schauen
Und um genau diese Erfahrungen ging es den Planerinnen der Caldonazzo-Abschlussfahrt. Das Konzept der Reise bestand vor allem aus zwei Grundgedanken, die sich durch die Erfahrungen im Camp festigen sollten. Erstens: In der eigenen Gruppe ist man geborgen. Hier wird man angenommen, so wie man ist. Und zweitens: Die Welt ist um einiges größer als die eigene Gruppe oder die eigene Schule. Die Kinder haben das nach fast zwei Jahren verinnerlicht. Fragt man Paul, was ihm an der Arena of Change gefällt, sagt er: „Man findet neue Freunde und probiert neue Sachen aus."
Im Normalbetrieb haben sich je 15 Kinder und Jugendliche an einem Nachmittag der Woche mit den Arena of Change-Betreuerinnen auf dem FC Bayern Campus getroffen. „Wir sind so froh, dass wir endlich einmal länger als drei Stunden am Stück mit den Kids verbringen konnten“, sagt Anna. „Wenn man ein paar Tage am Stück miteinander verbringt, bekommt man noch mal einen ganz anderen Bezug, man kann auch mal unter vier Augen sprechen.“ Zeit und Raum für ehrliche Gespräche. In der letzten Nacht unterhielten sich die AoC-Pädagoginnen etwa mit den 14-Jährigen, während die Kleinen schon schliefen. Die Betreuer:innen teilten, wie wertvoll diese Tage für sie waren und wie anstrengend es ist, wenn man immer versuchen muss, allen Bedürfnissen der verschiedenen Altersgruppen gerecht zu werden, und nur vier bis fünf Stunden pro Nacht schläft. So kam zur Sprache, dass auch Erwachsene manchmal an ihre Grenzen kommen. „Ich glaube, das war für einige so ein Aha-Moment: Ach, die Erzieher:innen und Lehrer:innen sind auch nur Menschen!“, sagt Anna. „Ich hatte das Gefühl, dass sie da eine Lehre fürs Leben mitgenommen haben.“
Im Bus zurück nach München interviewte Verena die Teilnehmer:innen über die Erfahrungen im Camp und in der Arena. Ein wenig melancholisch klingen manche, weil der Sommer zu Ende geht und die Arena of Change auch. Aber auch selbstsicher und entspannt, weil sie viel gelernt haben und bereit sind für das, was kommt. Auf die Frage, was ihr am besten am Summer Camp gefallen hat, antwortet Laura auf der Rückreise im Bus: „An Caldonazzo hat mir am besten gefallen: einfach alles.“